Dienstag, 10. Juli 2018

| Rezension | One of us is lying



Fakten

 
Originaltitel: One of us is lying
Originalsprache: Englisch 
Autor: Karen M. McManus
Erscheinungsdatum: 2017
Buchreihe: Einzelband
Seitenanzahl: 441 Seiten
 
 
englisches Cover
deutsches Cover

 

 

 

 

 

Inhalt


Fünf Schüler müssen Nachsitzen. Einer von ihnen krepelt dabei ab; die anderen Vier stehen nun unter Mordverdacht. Keiner denkt daran, dass es auch der Lehrer hätte sein können. Während am Rande die Ermittlungen und Berichterstattungen laufen, entführen die vier restlichen Schüler uns in ihre Welt voller Klischees und Übertreibungen.
Ein Rätsel, welches von Anfang an kein Rätsel ist. Wendungen in der Geschichte, die keine Überraschungen sind!
Wie spannend. Nicht.

Meine Meinung


Aufgrund der viele positiven Rezensionen habe ich mir „One of us is lying“ gekauft. Eigentlich hat mich das Thema an sich nicht überzeugt; was vor allem daran lag, dass es als Mischung aus „Pretty Little Liars“ und „The Breakfast Club“ angepriesen wurde. Nun ja, ich hasse Ersteres und finde Zweiteres zwar ganz nett, bin aber der Meinung, dass man nicht die Welt verpasst hat, wenn man diesen Film nicht kennt. Im Endeffekt habe ich mich also wieder von überschwänglichen, gar euphorischen Meinungen hinreißen lassen. Wann werde ich endlich lernen, eben genau das nicht so zu tun?

Es geht also um Addy, Cooper, Brownyn, Nate und Simon, die Nachsitzen müssen. Simon kommt aus der Sache nicht lebend raus; er erleidet während des Nachsitzens einen anaphylaktischen Schock und stirbt im Krankenhaus. Die Charaktere trauern nur bedingt, denn Simon war das Gossip Girl dieser Klischee High School. Er hatte eine App, genannt "About That", in der er sich erdreistete private und persönliche Geheimnisse über seine Mitschüler zu veröffentlichen. Über jeden der vier wollte er auch ein weiteres Geheimnis veröffentlichen, welches noch nicht ans Licht kam.

Und was das für Mitschüler sind. Meine Güte, ein Klischee ist besser bedient als das andere. Da hätten wir Brownyn, die Überfliegerin mit goldener akademischer Zukunft. Die Dame hat sich die Antworten einer Chemieprüfung besorgt. Und sonst gibt es auch nicht wirklich etwas über sie zu sagen; sie ist ein unsagbar langweiliger Charakter, der sich nicht wirklich entwickelt. Über die Hälfte ihrer Geschichte dreht sich darum, dass sie sich in einen Typen verknallt. Der lässt sie am Ende fallen und drei Monate später (in denen sie Bella Swan-mäßig gelitten hat, nachdem man für drei Wochen ein Paar war) muss er nur unangemeldet auftauchen, ein bisschen nuscheln, ein bisschen grinsen und zack bum, ist es vergessen, dass er sie wie eine heiße Kartoffel hat fallen lassen. Was sonst?

Dann wäre da Addy, die in etwa so viel eigene Persönlichkeit hat wie meine Kaffeetasse. Sie ist seit über drei Jahren mit ihrem Freund Jake zusammen und der Typ bestimmt so ziemlich alles. Was sie anzieht, was sie sagt, wann sie kacken geht, mit wem sie redet. Ich fand den Jungen so unfassbar anstrengend, dass ich mir gewünscht habe, dass er an einem allergischen Schock verreckt. Ihr Geheimnis ist nichts weiter, als das sie im Sommer zuvor Jake betrogen hat. Und das beichtet sie ihm auch, bevor eine vorgefertigte Nachricht von Simon, dies erledigen kann. Ja und dann ist sie natürlich die Schlampe der Schule; wird von allen als Aussätzige behandelt und ihr toller Macker, den ich von Anfang an Scheiße fand, wurde mir noch unsympathischer, als er gegen die Wand boxt. Das ist nicht vorhandene emotionale Kontrolle und der Typ zeigt ihr nur, wie gerne er ihr eine reinhauen würde.
Addy entwickelt sich in diesem Buch noch am meisten weiter; und obwohl sie mit TJ (dem Typen, mit dem sie im Sommer geschlafen hat) sich durchaus gut versteht und er Interesse an ihr zeigt, weist sie ihn an ab und sagt, dass sie keinen Freund braucht um glücklich zu sein. Das war eine Aussage, die mir wirklich gut gefallen hat. Allgemein scheint sie am meisten Persönlichkeit zu haben.

Cooper, der gefeierte Baseballstar, soll angel ich dopen. Dies ist jedoch eine Falschmeldung; denn das wahre Geheimnis ist, dass er schwul ist … Einen Schrecklaut einfügen!
Der Junge ist so unfassbar langweilig. Als Charakter hat er mich nicht wirklich gestört, er war halt einfach da. Ich kann mich jetzt an nichts erinnern, was ihn als Persönlichkeit ausmachen würde; außer dass er Baseball spielt und sein Vater seinen eigenen Traum durch seinen Sohn lebt.
Die Sache mit Coopers Homosexualität … Meine Freunde, holt euch ’nen Kaffee, das dauert.

Ich finde es total nervig, dass ich das betonen muss, aber in der heutigen Zeit, vor allem online, ist man ja gleich homophob, wenn man irgendwas an einer Geschichte mit einem homosexuellem Charakter auszusetzen hat. Deswegen, betone ich: Nein, ich bin nicht homophob. Es könnte mir nicht gleichgültiger sein. Ich bin Leserin und deswegen muss ich nicht automatisch alles toll und süß und modern finden, nur weil mal das Wort schwul vorkommt.
Erst mal wird ein totales Geheimnis daraus gemacht; mit wem er seine Freundin denn jetzt betrügt. Lustigerweise, wird er übrigens nicht von der ganzen Schule als Schlampe bezeichnet, obwohl er auch fremd geht. Macht keinen Unterschied. Addy und Cooper machen genau dasselbe; ihren Partner betrügen. Addy nur einmal, Cooper sogar regelmäßig. Und wieso ist sie jetzt die Schlampe?

Schon nach der erster SMS von Kris (Coopers Affäre) weiß man als Leser, dass es ein Kerl ist. Weil das einfach so verkrampft umschifft wird ein Personalpronomen zu nennen. Da ist das sofort klar. Man darf sich aber weitere 150 bis 200 Seiten durch diese verkrampfte Geheimnistuerei quälen. Cooper wird von der Polizei quasi zwangsgeoutet, was dann auch einen Medienrummel nach sich zieht. Dazu später mehr.
Das sein Vater damit zu kämpfen hat, finde ich zwar genauso dämlich, aber es ist in der Generation noch ein bisschen weiter verbreitet. Dass seine Mitschüler anfangs darauf so abgehen, fand ich dann überzogen. Sicher, Idioten gibt es immer. Aber die Geschichte spielt in Kalifornien, im Jahr 2017. Ach, ich fand's einfach affig wie das aufgebauscht wurde, als wäre das voll die Tragödie. Es ist ja auch nicht so, als wäre aus der Situation eine gute Story bei rausgekommen. Ich habe nichts dagegen, dann eine Geschichte über einen zwangsgeouteten Jugendlichen zu lesen, der mit Homophobie zu kämpfen hat. Ganz im Gegenteil, das könnt sogar richtig interessant und emotional werden.
Aber „One of us is lying“ baut das über die Hälfte des Buches auf und lässt es dann einfach fallen; einfach damit der „Plottwist“ drinnen ist, dass Cooper einen Mann vögelt. Und als Plottwist finde ich Homosexualität einfach mal lächerlich.
Lange Rede, kurzer Sinn. Die US-Serien „Shameless“ hat das mal ziemlich treffend formuliert, was ich so auch komplett unterschreibe: „Es interessiert niemanden wen du fickst.“

Und der gute Nate. Unser perfektes Klischee von einem „Bad Boy“. Keine Ahnung wieso alle immer gleich denken, dass man ein „Bad Boy“ ist nur, weil man mal ein paar Pillen oder Tütchen verkauft. Sein Geheimnis ist, dass er Drogen verkauft. Weiche Drogen wohlgemerkt; Partydrogen, die die Leute benutzen, um sich zu entspannen oder Spaß zu haben. Die Drogen, nach denen man fragt, weil man Bock darauf hat, nicht weil man süchtig ist. Die Drogen, die die Leute freiwillig kaufen; wieso ist dann der Dealer der Böse? Das hab ich nie verstanden.
Aber egal, denn Nate wird nicht müde uns immer und immer wieder unter die Nase zu reiben, wie absolut scheiße und abgefuckt sein Leben doch ist.
Er wohnt natürlich, mit seinem alkoholkrankem Vater, in einer absoluten Bruchbude. Mutti ist schon vor Jahren abgehauen. Und der Vater ist natürlich nutzlos und dauerbesoffen und Nate muss alles alleine bezahlen. Weil Alkoholiker ja immer diese stinkenden, nutzlosen Menschen sind, die nichts mehr auf die Reihe kriegen. Das Klischee eines Alkoholikers; der Fall von Alkoholismus der vielleicht auf eine von tausenden von Menschen zutrifft.
Und wieso sollte, man sich auch zwei bis drei Stunden jeden Tag an eine Kasse stellen, um Geld zu verdienen. Nein, er ist ein selbsternannter Bad Boy, er muss Drogen verkaufen.
Aber eigentlich ist er natürlich total der liebe, nette, intelligente Bursche mit verschwendetem Potenzial; der sich in die Überfliegerin Brownyn verknallt. Die Szenen mit den Beiden waren sterbenslangweilig.

So, haben wir die vier wandelnden Klischee einigermaßen kennengelernt; was gar nicht so einfach ist. Alle haben nämlich in ihren Kapiteln den absolut selben Schreibstil. Da war kein Unterschied zu lesen. Gar keiner; ich musste öfter mal zurückblättern, um zu gucken, welcher von diesen Hornochsen mir da gerade sein Klischee erzählt.

Es gibt ja eigentlich auch eine Geschichte, so mehr oder weniger. Denn die Vier sind Verdächtige im Mordfall an Simon. Und, da die Polizei, leicht unfähig ist, versuchen die Vier irgendwie selbst rauszufinden was passiert ist, während sich ein Medienrummel um sie aufbauscht. Das Hätte die Autorin gerne etwas weiter mit einbringen können, da das noch mit am interessantesten an der Geschichte ist. Vor allem hätte man hervorheben können; wie leicht die Menschen sich von den Medien täuschen lassen und wie schnell sie ihre Meinung ändern, sobald etwas publik gemacht wird. Was man auch wunderbar an Coopers Geschichte sieht. Erst ist er in der Schule der frisch geoutete Schwule; sämtliche Talentscouts verlieren das Interesse an ihm.
Doch, sobald eine Fernsehsendung, ihn in Schutz nimmt und der Polizei vorwirft mit einem zwangsgeoutet zu weit gegangen zu sein, ist er der gefeierte Baseballstar. Das hätte man ruhig etwas vertiefen können.

Dann ist da die Sache mit Simon. Dass der Junge sich selbst umgebracht hat, war mir von Anfang an klar. Denn, wir erleben die Geschichte aus der Sicht aller vier Anwesenden. Wieso sollte man sich in Gedanken selbst anlügen? Wir leben nicht in einer Welt voller Gedankenleser. Das wäre also so ziemlich das Dümmste überhaupt gewesen. Der einzige andere Verdächtige wäre der Lehrer gewesen; und das wäre zu einfach gewesen. Ich mag zwar ihr Buch nicht, aber ich halte die Autorin für intelligent und kompetent genug, nicht solch offensichtliche Lösungen preiszugeben.
Alles andere hätte keinen Sinn gemacht; dann hätte ich nämlich doch an der Intelligenz der Autorin zweifeln müssen.

Die Vier finden das (mithilfe von Geschwistern und Partnern, die alle miteinander langweilig waren und deswegen nicht von mir erwähnt wurden) raus. Beziehungsweise kommt Kris darauf, der inzwischen offiziell mit Cooper zusammen ist. Fand ich ziemlich lustig, wie die da alle rätseln ohne Ende, und er einfach so sagt: „Ja guckt mal, hier, nehmt mal den da weg. Und den. Und zack bum, er war es selber!“

Und wieso hat Simon sich umgebracht? Das war seine Art eines Amoklaufes; er wollte das Leben der vier mit in den Abgrund reißen, einfach, weil wegen ist so. Nichts davon war ein Grund, auch nur ansatzweise einer dieser Personen quer zu kommen. Er war nicht so beliebt wie er wollte, er hat sich (logischerweise) mit seiner App auch Feinde gemacht.
Und warum wollte er das Leben der Leute zerstören? Nicht etwa, weil er gestört war, an Realitätsverlust litt oder weil er einfach ein Arschloch war. Sondern, weil er depressiv war. Wir wissen ja alle, dass depressive Menschen potenzielle Amokläufer sind. Das ist einfach so; ist ja deren eigene Schuld, dass die auch immer so wortkarg und seltsam sein müssen. Dass die sich immer im Hintergrund halten, dass die nie dazu gehören.

Simon hat eine Art Amoklauf gestartet? Okay! Er hat es aufgrund psychischer Probleme getan? Alles klar, genau mein Interessengebiet! Aber dann recherchiere doch bitte auch, was für eine psychische Krankheit auf solche Ereignisse passt und Sinn ergibt! Und nicht einfach Depressionen nehmen, weil die halt am bekanntesten sind! Da spielen ein Haufen psychischer Komponenten mit rein und das ist so vielfältig und komplex und kompliziert, dass es eine glatte Beleidigung ist, dass einem Depressivem zuzuschieben. Zumal man sich auch, wenn solche Dinge mit in sein Buch einbaut, über den aktuellen medizinischen Stand informieren sollte. Es wird nämlich diskutiert, ob Depressionen überhaupt eine psychische Erkrankung sind; inzwischen ist man so weit, dass man sagt, dass eine Depression ein Symptom einer anderen psychischen Krankheit ist. Es kann also gar nicht der alleinige Grund sein; da eine andere Erkrankung vorliegen muss. Und eine andere Krankheit wurde nicht erwähnt.

Ach ja, das hätte ich fast vergessen: Addys Exfreund Jake hängt da auch noch mit drin. Er hat von Simon erfahren, dass seine Freundin ihn betrogen hat. Und weil er ein gestörtes Arschloch ist, hat er Simon in der ganzen Sache unterstützt und dafür gesorgt, dass es nach Simons Suizid so wirkt, als würde der Mörder Nachrichten online stellen. Damit das Leben der Vier schön zerstört wird. Der ganze Klimbim wird dann mit einem langweiligen Showdown zwischen Jake und Addy abgeschlossen; er schlägt zu, sie rennt weg, stolpert natürlich, er hinterher. Dann versucht er sie zu erwürgen, Held des Tages namens Cooper kommt und boxt ihn weg. Ende gut, alles gut.

Fazit


Alles in allem fand ich „One of us is lying“ einfach nur langweilig. Es ist die Geschichte von vier Klischees, die in einer Geschichte voller Klischees leben. Alle vier Protagonisten waren oberflächlich geschrieben. Der Schreibstil der Autorin mag zwar ganz angenehm zu lesen sein, jedoch hat er es nicht im Geringsten geschafft, dem Buch etwas wie Atmosphäre oder Spannung zu geben. Die zwei „großen Plottwist“ waren vorhersehbar und haben der Geschichte nicht im Geringsten gutgetan.
Der Medienrummel rund um Simons Todesfall hat mir noch mit am besten gefallen; leider wurde dies von der Autorin nur bedingt mit einbezogen. Es ist jetzt nicht so das ich das Buch hasse; ich fand es nur schlecht, beziehungsweise finde ich es überbewertet. Da gibt es bei mir durchaus einen Unterschied.

 1/5 Sternen


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