2. Kapitel
Am nächsten Tag war Sonntag. Nicht, dass das irgendjemanden interessiert, aber ein bisschen muss ich meine Erzähleraufgaben ja schon ernst nehmen. Wenn ich mich schon nicht zurückhalten kann und ständig meinen Senf dazu geben muss.
Miriam wachte von lautem Gelächter auf. Im Wohnzimmer gackerte irgendjemand ganz furchtbar, doch anstatt an einem Sonntagmorgen angepisst ins Wohnzimmer zu stürmen und "Schnauze!" zu brüllen, rollte Miriam sich aus dem Bett.
Verständnisvoll wie sie war, ging sie lächelnd und kein bisschen genervt ins Wohnzimmer.
Auf der Couch räkelte Michelle sich mit ihrer Eroberung des Vortages. Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, immerhin weiß ich ja nicht wie alt meine Leser sind. Es sollte genügen, wenn ich euch verrate, dass Michelle nur noch ein weißes Spitzenhöschen trug und ihre namenlose Eroberung splitternackt war.
Der Trockensex, der auf der Couch stattfand, war so verstörend für die verschlafene Miriam, dass sie knallrot anlief und sich kreischend die Hände vor die Augen hielt. Diese Reaktion nahm Michelle mit einem Grinsen zur Kenntnis, stieg von ihrem Lustmolch herunter und streifte sich sein T-Shirt über.
Der Typ mit den grünen Augen räkelte sich schamlos auf der Couch. Wie gesagt, sein Name ist unwichtig. Der ist sowieso bald weg vom Fenster.
Doch anscheinend wurde es am Gemächt etwas kühl, denn kurz darauf sprang auch er auf, gab Michelle einen Kuss auf die Wange, grinste Miriam dreckig an und ging mit schwingendem Ding in Richtung Badezimmer.
Zutiefst verstört ließ Miriam sich pikiert auf den Sessel fallen, der gegenüber der Couch stand. Sie würde nie wieder auf dem Ding sitzen können! Gott weiß was da nun für Körperflüssigkeiten drauf waren!
Michelle ließ sich auf dem verseuchten Sofa nieder und betrachtete ihre beste Freundin ausführlich. Ohne irgendeinen Zusammenhang sagte sie plötzlich: „Miriam, du brauchst wirklich mal einen Mann.“
Diese Bemerkung brachte Miriam aus dem Konzept, zu sehr war sie noch mit dem verstörendem Bild beschäftigt. Sie hatte in ihrem Leben noch nie einen nackten Mann gesehen; alleine die Erinnerung trieb ihr schon die Schamesröte ins Gesicht.
Ich kann nur die Augen verdrehen, wenn ich daran denke, was für einen kindischen Lachanfall das Mädchen kriegen würde, sollte sie mal einen nackten Mann sehen, der sich nur für sie ausgezogen hatte.
"Wieso sagst du sowas?" stotterte Miriam auch sofort los. Das Thema war ihr mehr als unangenehm, jedes Mal, wenn ihre Freundin darauf zu sprechen kam, wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Miriam hatte im Allgemeinen nicht viel zu erzählen dass auch nur ansatzweise interessant war.
"Du bist viel zu verspannt. Du musst dich mal richtig gehen lassen, die Sau rauslassen." Na, wenn das nicht ein wertvoller Tipp war! Immer wieder erstaunlich wie Sex jegliche Probleme lösen konnte. Vielleicht sollte Miriam wirklich mal die Hüllen fallen lassen.
Doch dieser Gedanke war noch viel zu befremdlich für unsere unschuldige Dame. Deswegen rappelte sie sich hektisch auf und verschwand wieder in ihrem Zimmer. Duschen kam nicht infrage, der Lustmolch schien eine ausgiebige Dusche zu nehmen, dem laufendem Wasser nach zu schließen.
Stattdessen beschloss Miriam zum Café um die Ecke zu gehen. Sie war noch nie dort gewesen, wollte es jedoch mal ausprobieren, denn die Gerüche, die ihr an der Straßenecke morgens entgegenwehten waren mehr als verführerisch.
Und so kam es dass unser Sternchen sich ungewaschen und in Leggings und übergroßem Kapuzenpullover aus dem Haus stahl, um einem weiterem hauseigenen Softporno zu entgehen.
Miriam lief also zum Café um die Ecke, konnte dabei an nichts anderes als an ihren Traummann aus dem Club denken. Sie philosophierte über seine grauen Augen und wie absolut perfekt er ausgehen hatte. Nachdem sie die umfassende Beschreibung in Gedanken abgeschlossen hatte, wurde sie sogleich von ihren Komplexen überrollt. Für die es keinerlei Gründe gab.
Denn, wie ich bereits erwähnte, war Miriam eine wahre Schönheit. Die Männer sabberten ihr reihenweise hinterher, so auch auf dem Weg zum Café. Alleine vier Männer blieben stehen und gafften der jungen Frau unverhohlen hinterher, während diese nichtsahnend im Dunst des Zweifels badete.
Es ist auch nicht so, dass Miriam jemals schlecht behandelt oder gemobbt wurde. Ganz im Gegenteil, ihre Familie und ihre Freunde hatten sie ihr Leben lang mit Komplimenten überhäuft. Gut, ihre Eltern waren ziemlich konservativ, doch diese krankhafte Verschlossenheit war nicht alleine darauf zurückzuführen.
Während Miriam also gedankenverloren um die Ecke bog und zum ersten Mal die Tür ihres zukünftigen Stammcafés öffnete, wusste sie noch nicht dass ihr Leben sich bald von Grund auf ändern würde.
Denn, wie bereits versprochen: dies ist keine qualitativ hochwertige Geschichte. Ja, sie ist nicht mal interessant. Sondern, ich wurde dazu verdonnert euch die Geschichte zweier hormongesteuerter Spätpubertierender zu erzählen. Ja, rollt nicht so mit den Augen! Ich hatte mich auch für die inspirierenden Lebensjahre einer Weltenbummlerin beworben. Aber ich wurde nicht genommen.
Mimimi, eigene Meinung! Mimimi, Erzähler und nicht Moderator. Also, ich finde das bringt ja mal ein bisschen frischen Wind in so eine ausgelutschte Geschichte. Aber, mich fragt ja niemand. Hach ja, irgendwann können wir diesen Satz im Chor sprechen.
Miriam betrat nun also das Café mit dem einfallsreichen Namen "Eckcafé". Und wer war der pralle Bursche, der da hinter der Theke stand? Genau, unser lieber Hunter.
Bis auf die Augenringe und die Alkoholfahne hatte Miriams Erinnerung sich also nicht in eine übertrieben positive Wahnvorstellung verwandelt.
Ihr Traummann stand vor ihr, bediente gerade mürrisch einen alten Herren, der sehr geduldig gewartet hatte, während Hunter halb tot über der Kaffeemaschine gehangen hatte. Da bin ich absolut auf der Seite dieses sympathischen alten Herren! Das muss nun wirklich nicht sein, ungewaschen, halb besoffen und halb verkatert die Kaffeemaschine vollzuschwitzen.
Mit zitternden Knien und verschwitzten Händen stellte Miriam sich hinter dem Herren an, der deutlich schneller als gedacht das Café verließ.
Nun standen sich unsere Stars gegenüber. Auch Hunter erkannte Miriam sofort wieder, identifizierte sie als diese besondere Frau aus dem "Poison", die aus der Menge herausgestochen hatte. Woher er auch immer das wissen wollte, denn sie war ebenso gekleidet wie alle anderen Frauen gewesen. Aber, dass ist es dann wohl was die Leute meinen, wenn sie sagen, dass die Liebe jemanden zu etwas ganz Besonderem machte.
Man konnte den einen Klon oder tausenden von Klonen perfekt herauspicken.
Anstatt ein vernünftiges Gespräch anzufangen, blaffte Hunter sein Gegenüber sofort an. "Was willst du?"
Miriam, total verschreckt, stotterte ihre Bestellung. "Vier schwarze Kaffee. Bitte."
Wieso war der nur so unhöflich? Ich meine, ich weiß es. Weil er ein aggressives Arschloch ist. Doch, Miriam war sich augenblicklich sicher, dass sie irgendwas falsch gemacht hatte. Vielleicht hatte er ja schon Pause oder sogar Feierabend? Vielleicht hatte sie ihn mit ihrem Blick provoziert?
Wenn ich doch nur mit Miriam reden könnte; ich würde ihr so gerne sagen, dass sie den Typen einfach hätte links liegen lassen sollen. Doch ich war ja dazu verdammt der ganzen langweiligen Geschichte ununterbrochen beizuwohnen. Man, war das eine Tortur, sage ich euch!
In diesem Sinne; hört auf solange ihr es noch könnt. Irgendwann kommt diese Superkraft ins Spiel, die solchen Geschichten innewohnt. Man ist eigentlich nur am Meckern und jammern, doch man kann nicht aufhören zu lesen. Wie bei einem ganz besonders grässlichem Unfall, bei dem musste man auch einfach immer wieder hinsehen, egal wie schrecklich es im Endeffekt war.
Hunter drehte sich fluchend um und begann die aufgegebene Bestellung zu bearbeiten. Stoisch ignorierte er seine Kundin; was nicht nur menschlich, sondern auch geschäftlich mehr als daneben ist.
Nach einigen Minuten unangenehmer Stille knallte er Miriam die vier Kaffeebecher in einem Halter auf den Tresen und hielt ihr stumm die Hand hin. Überrumpelt gab sie ihm das Geld. Bei dieser Aktion las sie auch sein Namensschild. Nun kannte Miriam, also seinen Namen. Armes Mädchen!
Ach, was erzähle ich. Die ist mit ihrer Voreingenommenheit und ihrem verdrehten Weltbild auch nicht besser. Im Endeffekt haben sich da echt zwei kaputte Menschen gefunden.
Warum auch immer sie sich voneinander angezogen gefühlt haben.
Miriam stand einige Sekunden sprachlos da. Diese Kälte hatte sie komplett überrascht, war sie doch der Meinung gewesen, dass sie am Vorabend ein Lächeln in diesem hübschen Gesicht gesehen hatte. Doch dieses Gesicht war nun eine harte Maske, die sie abfällig musterte.
"Willst du noch irgendwas?" fauchte Hunter.
Miriam schüttelte den Kopf und floh praktisch aus dem Café. Den ganzen Weg zurück in die Wohnung konnte sie dennoch nicht aufhören an ihn zu denken. Irgendwie hatte er etwas Anziehendes, fand sie.
Er sah einfach verboten gut aus.
Nein, ich werde ihn immer noch nicht beschreiben: er ist halt ein Mann. Mit Haaren und Augen und Ohren und Nase. Schustert euch selbst einen Typen zusammen.
Als Miriam wieder die WG betrat, war Michelles neue Eroberung bereits verschwunden. Im Wohnzimmer saßen Michelle und Alyssa auf der Couch. Beziehungsweise saß Michelle, mit einem breiten Grinsen, auf der Couch. Alyssa lag zusammengekrümmt am anderen Ende der Couch und stöhnte dramatisch.
Miriam stellte die Kaffeebecher auf den kleinen Glastisch und setzte sich auf den Sessel.
"Was ist denn los mit dir?", fragte sie.
So unerfahren dieses Kind. Jeder Blinde sah doch, dass Alyssa den Kater ihres Lebens hatte. Ihre Schminke vom Vortag hing überall, nur nicht dort wo sie hingehörte. Sie hatte sich einfach nur eine alte verranzte Jacke über ihr knappes Kleid geworfen. Ihr Hals war übersät von Knutschflecken, die Augenringe dicker als jemals zuvor. Die Haare ein einziges Vogelnest. Oder um es kurz zu machen: auf der Couch lag das Klischee der verkaterten Schlampe.
"Wo ist eigentlich Sheryl?", fragte Michelle, die eifrig auf ihr Smartphone tippte. Wahrscheinlich mit ihrem Lustmolch irgendwelche versauten Texte schrieb, dachte Miriam abwertend.
Sofort ermahnte sie sich für diesen Gedanken. Das war immerhin Michelle, ihre beste Freundin! Da sollte sie solche Dinge nun wirklich nicht denken. Das war nur der Neid, der aus ihr sprach.
Unwillkürlich wanderten ihre Gedanken zu Hunter. Seine Unhöflichkeit rückte in den Hintergrund, als sie daran dachte, wie es wohl wäre, mit ihm versaute Textnachrichten auszutauschen.
Das war übrigens der Moment, in dem ich Miriam das erste Mal eine vor den Latz knallen wollte. Das erste Mal von vielen. Ich habe euch gewarnt, dass das hier nichts Hochtrabendes wird.
"Ich weiß nicht." begann Miriam. "Gestern Abend war sie auf einmal wie ausgewechselt, nachdem sie von der Toilette wiedergekommen war. Sie hat geweint und war wie paralysiert. Ich musste sie nach Hause bringen."
Sie sagte nichts darüber, wie unfair und schrecklich sie es gefunden hatte, dass ihre Freundinnen sie alleine gelassen hatten, ohne sich auch nur abzumelden. Das wäre ja einer Konfrontation gleich gekommen und die mied Miriam aus Prinzip, so gut sie konnte.
"Wahrscheinlich zu viele Männer.", murmelte Alyssa. Die Rothaarige setzte sich langsam auf. Höflicherweise ignorierten ihre Freundinnen, dass die Frau roch wie frisch aus der Eckkneipe taumelnd. Stattdessen deutete Miriam auf den Kaffee, den sie für ihre Mitbewohnerinnen geholt hatte.
Diese kryptische Bemerkung führte zu einer ausgewachsenen Diskussion darüber, was Sheryl wohl schreckliches Wiederfahren war. Es ist ja nicht so, als hätten die Damen einfach mal ins Zimmer der Frau gehen können und beweisen können, dass sie tatsächlich Freunde waren. Sie fragten, was los war, wie sie ihr helfen konnten.
Stattdessen saßen die drei Frauen im Wohnzimmer und rätselten mit gedämpften Stimmen und verstohlenen Blicken was der Vierten im Bunde passiert war.
Nachdem das Thema Sheryl ganze zwei Stunden ausgefüllt hatte, wechselten die Frauen ihr Thema. Alyssa erzählte von ihrer heißen Nacht; sie hatte sich tatsächlich nicht für einen der Anwärter entscheiden können, also hatte sie kurzerhand beide mitgenommen.
Ich möchte euch die Einzelheiten ersparen, doch Alyssa beschrieb sehr detailliert ihre Nacht. Wenn die Frau nichts konnte, aber ihre Sexgeschichten bildhaft wiedergeben – darin war sie unschlagbar.
Auch Michelle berichtete von ihrer Nacht. Erzählte Miriam und Alyssa dass sie sich durchaus vorstellen konnte den Herrn noch ein weiteres Mal zu treffen.
Muss eine wahnsinnig einprägende Nacht gewesen sein, denn Michelle war bisher nach einer Nacht nicht mehr zu haben gewesen. Sie verfolgte starrköpfig das Prinzip der One-Night-Stands bis jemand ihr Herz im Sturm eroberte.
Dass sie auch nur in Erwägung zog den Mann ein zweites Mal zu treffen, sorgte bei Miriam schon für hochgezogene Augenbrauen.
Eigentlich hätte Miriam zu gerne nachgehakt was Michelle dazu bewegte auch nur in Erwägung zu ziehen ihre Eroberung wieder zu treffen, doch die Mädels wurden von Sheryl unterbrochen, die plötzlich im Türrahmen stand.
Und schrecklich sah die Ärmste aus! Ihre Haare waren ein einziges Durcheinander, tiefe Augenringe verunstalteten ihr sonst so hübsches Gesicht, das Make-up des Vortages war in breiten Schlieren über ihr Gesicht verteilt. Es sah mehr aus wie eine Kriegsbemalung.
Die Freundinnen verstummten augenblicklich, trauten sich nicht etwas zu sagen. In Wahrheit hatten sie einfach nur Angst, dass Sheryl die ausführliche Analyse über das seltsame Verhalten gehört hatte. Doch keine der Mädels erwähnte diese Unterhaltung auch nur mit einem Wort.
Sheryl tapste in die Mitte des Wohnzimmer, schnappte sich den letzten Kaffee – der inzwischen eiskalt geworden war, schnupperte daran und stürzte ihn dann hinunter, als hätte sie seit Tagen nichts getrunken.
Gut, Tage war vielleicht etwas übertrieben. Doch, man hatte schließlich andere Dinge im Kopf als trinken, wenn man sich hysterisch in den Schlaf weinte. Ich würde euch ja gerne sagen, was Sheryls Verhalten ausgelöst hatte, aber irgendwie will ich auch nicht die ganze Spannung vorwegnehmen. An ein paar Regeln halte sogar ich mich.
Jedenfalls, saßen die vier Mädels nun vollzählig um den kleinen Glastisch herum und schnatterten über Gott und die Welt.
Miriam war froh, dass sie in diese WG gezogen war. Hier fühlte sie sich wohl, verstanden, geborgen. Die Unachtsamkeit zweier ihrer Freundinnen war schon wieder vergessen, denn nichts verband Frauen mehr als das ständige Getrasche über nicht Anwesende.
Und so wurden sie alle nacheinander abgehakt; die Mädels aus dem Club, die eine Frau aus Alyssas Literaturkurs, die immer hochgeschlossene Blusen trug, die Professorin der Wirtschaftsvorlesung.
Niemand war vor den Grazien sicher.
Und so zog der Sonntag unbedeutend ins Land.
Ich würde euch ja gerne etwas zutiefst Spannendes oder Bewegendes über diesen Tag erzählen, doch es passierte einfach nichts. Ein langweiliges Gesprächsthema jagte das Nächste. Beschwert euch nicht! Immerhin musste ich mir diese Qual in voller Länge antun, ihr kriegt hier nur die absolut gekürzte Fassung. Schätzt euch also gefälligst glücklich!
Am nächsten Tag war Sonntag. Nicht, dass das irgendjemanden interessiert, aber ein bisschen muss ich meine Erzähleraufgaben ja schon ernst nehmen. Wenn ich mich schon nicht zurückhalten kann und ständig meinen Senf dazu geben muss.
Miriam wachte von lautem Gelächter auf. Im Wohnzimmer gackerte irgendjemand ganz furchtbar, doch anstatt an einem Sonntagmorgen angepisst ins Wohnzimmer zu stürmen und "Schnauze!" zu brüllen, rollte Miriam sich aus dem Bett.
Verständnisvoll wie sie war, ging sie lächelnd und kein bisschen genervt ins Wohnzimmer.
Auf der Couch räkelte Michelle sich mit ihrer Eroberung des Vortages. Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, immerhin weiß ich ja nicht wie alt meine Leser sind. Es sollte genügen, wenn ich euch verrate, dass Michelle nur noch ein weißes Spitzenhöschen trug und ihre namenlose Eroberung splitternackt war.
Der Trockensex, der auf der Couch stattfand, war so verstörend für die verschlafene Miriam, dass sie knallrot anlief und sich kreischend die Hände vor die Augen hielt. Diese Reaktion nahm Michelle mit einem Grinsen zur Kenntnis, stieg von ihrem Lustmolch herunter und streifte sich sein T-Shirt über.
Der Typ mit den grünen Augen räkelte sich schamlos auf der Couch. Wie gesagt, sein Name ist unwichtig. Der ist sowieso bald weg vom Fenster.
Doch anscheinend wurde es am Gemächt etwas kühl, denn kurz darauf sprang auch er auf, gab Michelle einen Kuss auf die Wange, grinste Miriam dreckig an und ging mit schwingendem Ding in Richtung Badezimmer.
Zutiefst verstört ließ Miriam sich pikiert auf den Sessel fallen, der gegenüber der Couch stand. Sie würde nie wieder auf dem Ding sitzen können! Gott weiß was da nun für Körperflüssigkeiten drauf waren!
Michelle ließ sich auf dem verseuchten Sofa nieder und betrachtete ihre beste Freundin ausführlich. Ohne irgendeinen Zusammenhang sagte sie plötzlich: „Miriam, du brauchst wirklich mal einen Mann.“
Diese Bemerkung brachte Miriam aus dem Konzept, zu sehr war sie noch mit dem verstörendem Bild beschäftigt. Sie hatte in ihrem Leben noch nie einen nackten Mann gesehen; alleine die Erinnerung trieb ihr schon die Schamesröte ins Gesicht.
Ich kann nur die Augen verdrehen, wenn ich daran denke, was für einen kindischen Lachanfall das Mädchen kriegen würde, sollte sie mal einen nackten Mann sehen, der sich nur für sie ausgezogen hatte.
"Wieso sagst du sowas?" stotterte Miriam auch sofort los. Das Thema war ihr mehr als unangenehm, jedes Mal, wenn ihre Freundin darauf zu sprechen kam, wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Miriam hatte im Allgemeinen nicht viel zu erzählen dass auch nur ansatzweise interessant war.
"Du bist viel zu verspannt. Du musst dich mal richtig gehen lassen, die Sau rauslassen." Na, wenn das nicht ein wertvoller Tipp war! Immer wieder erstaunlich wie Sex jegliche Probleme lösen konnte. Vielleicht sollte Miriam wirklich mal die Hüllen fallen lassen.
Doch dieser Gedanke war noch viel zu befremdlich für unsere unschuldige Dame. Deswegen rappelte sie sich hektisch auf und verschwand wieder in ihrem Zimmer. Duschen kam nicht infrage, der Lustmolch schien eine ausgiebige Dusche zu nehmen, dem laufendem Wasser nach zu schließen.
Stattdessen beschloss Miriam zum Café um die Ecke zu gehen. Sie war noch nie dort gewesen, wollte es jedoch mal ausprobieren, denn die Gerüche, die ihr an der Straßenecke morgens entgegenwehten waren mehr als verführerisch.
Und so kam es dass unser Sternchen sich ungewaschen und in Leggings und übergroßem Kapuzenpullover aus dem Haus stahl, um einem weiterem hauseigenen Softporno zu entgehen.
Miriam lief also zum Café um die Ecke, konnte dabei an nichts anderes als an ihren Traummann aus dem Club denken. Sie philosophierte über seine grauen Augen und wie absolut perfekt er ausgehen hatte. Nachdem sie die umfassende Beschreibung in Gedanken abgeschlossen hatte, wurde sie sogleich von ihren Komplexen überrollt. Für die es keinerlei Gründe gab.
Denn, wie ich bereits erwähnte, war Miriam eine wahre Schönheit. Die Männer sabberten ihr reihenweise hinterher, so auch auf dem Weg zum Café. Alleine vier Männer blieben stehen und gafften der jungen Frau unverhohlen hinterher, während diese nichtsahnend im Dunst des Zweifels badete.
Es ist auch nicht so, dass Miriam jemals schlecht behandelt oder gemobbt wurde. Ganz im Gegenteil, ihre Familie und ihre Freunde hatten sie ihr Leben lang mit Komplimenten überhäuft. Gut, ihre Eltern waren ziemlich konservativ, doch diese krankhafte Verschlossenheit war nicht alleine darauf zurückzuführen.
Während Miriam also gedankenverloren um die Ecke bog und zum ersten Mal die Tür ihres zukünftigen Stammcafés öffnete, wusste sie noch nicht dass ihr Leben sich bald von Grund auf ändern würde.
Denn, wie bereits versprochen: dies ist keine qualitativ hochwertige Geschichte. Ja, sie ist nicht mal interessant. Sondern, ich wurde dazu verdonnert euch die Geschichte zweier hormongesteuerter Spätpubertierender zu erzählen. Ja, rollt nicht so mit den Augen! Ich hatte mich auch für die inspirierenden Lebensjahre einer Weltenbummlerin beworben. Aber ich wurde nicht genommen.
Mimimi, eigene Meinung! Mimimi, Erzähler und nicht Moderator. Also, ich finde das bringt ja mal ein bisschen frischen Wind in so eine ausgelutschte Geschichte. Aber, mich fragt ja niemand. Hach ja, irgendwann können wir diesen Satz im Chor sprechen.
Miriam betrat nun also das Café mit dem einfallsreichen Namen "Eckcafé". Und wer war der pralle Bursche, der da hinter der Theke stand? Genau, unser lieber Hunter.
Bis auf die Augenringe und die Alkoholfahne hatte Miriams Erinnerung sich also nicht in eine übertrieben positive Wahnvorstellung verwandelt.
Ihr Traummann stand vor ihr, bediente gerade mürrisch einen alten Herren, der sehr geduldig gewartet hatte, während Hunter halb tot über der Kaffeemaschine gehangen hatte. Da bin ich absolut auf der Seite dieses sympathischen alten Herren! Das muss nun wirklich nicht sein, ungewaschen, halb besoffen und halb verkatert die Kaffeemaschine vollzuschwitzen.
Mit zitternden Knien und verschwitzten Händen stellte Miriam sich hinter dem Herren an, der deutlich schneller als gedacht das Café verließ.
Nun standen sich unsere Stars gegenüber. Auch Hunter erkannte Miriam sofort wieder, identifizierte sie als diese besondere Frau aus dem "Poison", die aus der Menge herausgestochen hatte. Woher er auch immer das wissen wollte, denn sie war ebenso gekleidet wie alle anderen Frauen gewesen. Aber, dass ist es dann wohl was die Leute meinen, wenn sie sagen, dass die Liebe jemanden zu etwas ganz Besonderem machte.
Man konnte den einen Klon oder tausenden von Klonen perfekt herauspicken.
Anstatt ein vernünftiges Gespräch anzufangen, blaffte Hunter sein Gegenüber sofort an. "Was willst du?"
Miriam, total verschreckt, stotterte ihre Bestellung. "Vier schwarze Kaffee. Bitte."
Wieso war der nur so unhöflich? Ich meine, ich weiß es. Weil er ein aggressives Arschloch ist. Doch, Miriam war sich augenblicklich sicher, dass sie irgendwas falsch gemacht hatte. Vielleicht hatte er ja schon Pause oder sogar Feierabend? Vielleicht hatte sie ihn mit ihrem Blick provoziert?
Wenn ich doch nur mit Miriam reden könnte; ich würde ihr so gerne sagen, dass sie den Typen einfach hätte links liegen lassen sollen. Doch ich war ja dazu verdammt der ganzen langweiligen Geschichte ununterbrochen beizuwohnen. Man, war das eine Tortur, sage ich euch!
In diesem Sinne; hört auf solange ihr es noch könnt. Irgendwann kommt diese Superkraft ins Spiel, die solchen Geschichten innewohnt. Man ist eigentlich nur am Meckern und jammern, doch man kann nicht aufhören zu lesen. Wie bei einem ganz besonders grässlichem Unfall, bei dem musste man auch einfach immer wieder hinsehen, egal wie schrecklich es im Endeffekt war.
Hunter drehte sich fluchend um und begann die aufgegebene Bestellung zu bearbeiten. Stoisch ignorierte er seine Kundin; was nicht nur menschlich, sondern auch geschäftlich mehr als daneben ist.
Nach einigen Minuten unangenehmer Stille knallte er Miriam die vier Kaffeebecher in einem Halter auf den Tresen und hielt ihr stumm die Hand hin. Überrumpelt gab sie ihm das Geld. Bei dieser Aktion las sie auch sein Namensschild. Nun kannte Miriam, also seinen Namen. Armes Mädchen!
Ach, was erzähle ich. Die ist mit ihrer Voreingenommenheit und ihrem verdrehten Weltbild auch nicht besser. Im Endeffekt haben sich da echt zwei kaputte Menschen gefunden.
Warum auch immer sie sich voneinander angezogen gefühlt haben.
Miriam stand einige Sekunden sprachlos da. Diese Kälte hatte sie komplett überrascht, war sie doch der Meinung gewesen, dass sie am Vorabend ein Lächeln in diesem hübschen Gesicht gesehen hatte. Doch dieses Gesicht war nun eine harte Maske, die sie abfällig musterte.
"Willst du noch irgendwas?" fauchte Hunter.
Miriam schüttelte den Kopf und floh praktisch aus dem Café. Den ganzen Weg zurück in die Wohnung konnte sie dennoch nicht aufhören an ihn zu denken. Irgendwie hatte er etwas Anziehendes, fand sie.
Er sah einfach verboten gut aus.
Nein, ich werde ihn immer noch nicht beschreiben: er ist halt ein Mann. Mit Haaren und Augen und Ohren und Nase. Schustert euch selbst einen Typen zusammen.
Als Miriam wieder die WG betrat, war Michelles neue Eroberung bereits verschwunden. Im Wohnzimmer saßen Michelle und Alyssa auf der Couch. Beziehungsweise saß Michelle, mit einem breiten Grinsen, auf der Couch. Alyssa lag zusammengekrümmt am anderen Ende der Couch und stöhnte dramatisch.
Miriam stellte die Kaffeebecher auf den kleinen Glastisch und setzte sich auf den Sessel.
"Was ist denn los mit dir?", fragte sie.
So unerfahren dieses Kind. Jeder Blinde sah doch, dass Alyssa den Kater ihres Lebens hatte. Ihre Schminke vom Vortag hing überall, nur nicht dort wo sie hingehörte. Sie hatte sich einfach nur eine alte verranzte Jacke über ihr knappes Kleid geworfen. Ihr Hals war übersät von Knutschflecken, die Augenringe dicker als jemals zuvor. Die Haare ein einziges Vogelnest. Oder um es kurz zu machen: auf der Couch lag das Klischee der verkaterten Schlampe.
"Wo ist eigentlich Sheryl?", fragte Michelle, die eifrig auf ihr Smartphone tippte. Wahrscheinlich mit ihrem Lustmolch irgendwelche versauten Texte schrieb, dachte Miriam abwertend.
Sofort ermahnte sie sich für diesen Gedanken. Das war immerhin Michelle, ihre beste Freundin! Da sollte sie solche Dinge nun wirklich nicht denken. Das war nur der Neid, der aus ihr sprach.
Unwillkürlich wanderten ihre Gedanken zu Hunter. Seine Unhöflichkeit rückte in den Hintergrund, als sie daran dachte, wie es wohl wäre, mit ihm versaute Textnachrichten auszutauschen.
Das war übrigens der Moment, in dem ich Miriam das erste Mal eine vor den Latz knallen wollte. Das erste Mal von vielen. Ich habe euch gewarnt, dass das hier nichts Hochtrabendes wird.
"Ich weiß nicht." begann Miriam. "Gestern Abend war sie auf einmal wie ausgewechselt, nachdem sie von der Toilette wiedergekommen war. Sie hat geweint und war wie paralysiert. Ich musste sie nach Hause bringen."
Sie sagte nichts darüber, wie unfair und schrecklich sie es gefunden hatte, dass ihre Freundinnen sie alleine gelassen hatten, ohne sich auch nur abzumelden. Das wäre ja einer Konfrontation gleich gekommen und die mied Miriam aus Prinzip, so gut sie konnte.
"Wahrscheinlich zu viele Männer.", murmelte Alyssa. Die Rothaarige setzte sich langsam auf. Höflicherweise ignorierten ihre Freundinnen, dass die Frau roch wie frisch aus der Eckkneipe taumelnd. Stattdessen deutete Miriam auf den Kaffee, den sie für ihre Mitbewohnerinnen geholt hatte.
Diese kryptische Bemerkung führte zu einer ausgewachsenen Diskussion darüber, was Sheryl wohl schreckliches Wiederfahren war. Es ist ja nicht so, als hätten die Damen einfach mal ins Zimmer der Frau gehen können und beweisen können, dass sie tatsächlich Freunde waren. Sie fragten, was los war, wie sie ihr helfen konnten.
Stattdessen saßen die drei Frauen im Wohnzimmer und rätselten mit gedämpften Stimmen und verstohlenen Blicken was der Vierten im Bunde passiert war.
Nachdem das Thema Sheryl ganze zwei Stunden ausgefüllt hatte, wechselten die Frauen ihr Thema. Alyssa erzählte von ihrer heißen Nacht; sie hatte sich tatsächlich nicht für einen der Anwärter entscheiden können, also hatte sie kurzerhand beide mitgenommen.
Ich möchte euch die Einzelheiten ersparen, doch Alyssa beschrieb sehr detailliert ihre Nacht. Wenn die Frau nichts konnte, aber ihre Sexgeschichten bildhaft wiedergeben – darin war sie unschlagbar.
Auch Michelle berichtete von ihrer Nacht. Erzählte Miriam und Alyssa dass sie sich durchaus vorstellen konnte den Herrn noch ein weiteres Mal zu treffen.
Muss eine wahnsinnig einprägende Nacht gewesen sein, denn Michelle war bisher nach einer Nacht nicht mehr zu haben gewesen. Sie verfolgte starrköpfig das Prinzip der One-Night-Stands bis jemand ihr Herz im Sturm eroberte.
Dass sie auch nur in Erwägung zog den Mann ein zweites Mal zu treffen, sorgte bei Miriam schon für hochgezogene Augenbrauen.
Eigentlich hätte Miriam zu gerne nachgehakt was Michelle dazu bewegte auch nur in Erwägung zu ziehen ihre Eroberung wieder zu treffen, doch die Mädels wurden von Sheryl unterbrochen, die plötzlich im Türrahmen stand.
Und schrecklich sah die Ärmste aus! Ihre Haare waren ein einziges Durcheinander, tiefe Augenringe verunstalteten ihr sonst so hübsches Gesicht, das Make-up des Vortages war in breiten Schlieren über ihr Gesicht verteilt. Es sah mehr aus wie eine Kriegsbemalung.
Die Freundinnen verstummten augenblicklich, trauten sich nicht etwas zu sagen. In Wahrheit hatten sie einfach nur Angst, dass Sheryl die ausführliche Analyse über das seltsame Verhalten gehört hatte. Doch keine der Mädels erwähnte diese Unterhaltung auch nur mit einem Wort.
Sheryl tapste in die Mitte des Wohnzimmer, schnappte sich den letzten Kaffee – der inzwischen eiskalt geworden war, schnupperte daran und stürzte ihn dann hinunter, als hätte sie seit Tagen nichts getrunken.
Gut, Tage war vielleicht etwas übertrieben. Doch, man hatte schließlich andere Dinge im Kopf als trinken, wenn man sich hysterisch in den Schlaf weinte. Ich würde euch ja gerne sagen, was Sheryls Verhalten ausgelöst hatte, aber irgendwie will ich auch nicht die ganze Spannung vorwegnehmen. An ein paar Regeln halte sogar ich mich.
Jedenfalls, saßen die vier Mädels nun vollzählig um den kleinen Glastisch herum und schnatterten über Gott und die Welt.
Miriam war froh, dass sie in diese WG gezogen war. Hier fühlte sie sich wohl, verstanden, geborgen. Die Unachtsamkeit zweier ihrer Freundinnen war schon wieder vergessen, denn nichts verband Frauen mehr als das ständige Getrasche über nicht Anwesende.
Und so wurden sie alle nacheinander abgehakt; die Mädels aus dem Club, die eine Frau aus Alyssas Literaturkurs, die immer hochgeschlossene Blusen trug, die Professorin der Wirtschaftsvorlesung.
Niemand war vor den Grazien sicher.
Und so zog der Sonntag unbedeutend ins Land.
Ich würde euch ja gerne etwas zutiefst Spannendes oder Bewegendes über diesen Tag erzählen, doch es passierte einfach nichts. Ein langweiliges Gesprächsthema jagte das Nächste. Beschwert euch nicht! Immerhin musste ich mir diese Qual in voller Länge antun, ihr kriegt hier nur die absolut gekürzte Fassung. Schätzt euch also gefälligst glücklich!
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