Fakten
Originaltitel: Moxie
Originalsprache: Englisch
Autor: Jennifer Mathieu
Erscheinungsdatum: 2017
Buchreihe: Einzelband
Inhalt
Vivian geht auf eine Schule, an der dumme und sexistische Taten und Bemerkungen an der Tagesordnung sind. Es kotzt sie an, es kotzt alle an. Aber niemand macht was. Und deswegen wird eine Art Schulclub gegründet, der im Grunde auch nichts macht. Und am Ende der Geschichte ist man in etwa genauso weit wie am Anfang.
Meine Meinung
ACHTUNG! ACHTUNG! SPOILER! NICHT WEITERLESEN! WENN DOCH, DANN JAMMER NICHT WEGEN SPOILERN!
„Moxie“ ist ein Buch, welches wegen seiner feministischen Ansätze hochgelobt wurde und geradezu euphorisch bewertet wurde. Da dachte ich mir so als Feministin: „Hey, das wird schon gut sein.“ Ja. Nein. Wieso lerne ich es nicht? Es ist immer wieder dasselbe; ich mag die meisten Bücher nicht, die von der Masse euphorisch bewertet werden. Und „Moxie“ ist da leider nicht die Ausnahme. Und weil man sowas ja immer vorher sagen muss, weil man sonst als sonstewas bezeichnet wird: Ja, ich bin Feministin! Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass ich sowas gut finden muss. Denn „Moxie“ war teilweise nicht nur kindisch, sondern gar lächerlich.
Das größte Problem, das ich mit der Geschichte hatte? Es hat die falsche Protagonistin. Vivian funktioniert überhaupt nicht in dieser Art von Erzählung. Sie ist das brave Mädchen, dass sich an eine Idealisierung ihrer Mutter aus Jugendjahren krallt. Diese hat sogar ein Karton, beschriftet mit „meine vergeudete Jugend“. Sie hatte als Teenager gefärbte Haare und trug schwarzen Lippenstift, was für Vivian voll rebellisch ist. Die hält es wahrscheinlich schon für rebellisch, wenn man mehr als zwei Ohrlöcher hat. Allgemein, habe ich keine Ahnung, wieso sich Vivian anfangs so an die Vorstellung krallt, dass man in irgendeiner Art und Weise rebellisch sein muss um Feministin zu sein. Das eine erfordert nicht zwangsläufig das andere.
Des Weiteren ist Vivian bis zum Hals mit Vorurteilen behaftet. Jeder, der nicht „rebellisch“ aussieht, ist keine Feministin. Ach, und der Freund ihrer Mutter ist blöd, weil er eine andere politische Einstellung hat als sie und weil er ihrer Mutter Leseempfehlungen gibt. Das hat nichts mit Unterdrückung oder Sexismus zu tun; das ist eine Unterhaltung zwischen Erwachsenen über Bücher. Und da kann es dann mal vorkommen, dass man jemandem ein Buch empfiehlt. Ist nichts Schlimmes.
Selbstverständlich muss es auch eine Liebesgeschichte geben, wo kämen wir auch hin, wenn die Protagonistin sich mal einen feuchten Dreck um sowas kümmert? Seth mag an sich ein guter Junge sein, das möchte ich nicht abstreiten. Allerdings, verliert Vivian sich ständig in Erzählungen darüber, wie toll er aussieht und wie cool er ist und er ist ja so furchtbar anders als die anderen Jungs an der Schule. Warum? Weil Plot. Dabei hat die sich nie die Mühe gegeben mal andere Jungs kennenzulernen, abseits der hirnlosen Affenfraktion. Man hat also gar keine wirkliche Vergleichsmöglichkeit um zu überprüfen, ob Seth wirklich das angepriesene Einhorn ist.
Zum Mittelteil verliert die Dame dann auch völlig den Fokus, wegen ihres Schmatzipuffis. Was haben die Beiden eigentlich gemeinsam? Ja, sie gehen auf Dates. Aber eine nennenswerte Unterhaltung, nach der man sagen könnte, dass man verstehen kann, warum sie so hingerissen von ihm ist, kommt da nicht zustande. Wobei ich mich eher frage, was der Junge mit dem Mädel will. Sie ist hochgradig unsicher; perfekt zu merken, nach einem Streit … einer Diskussion … ach, das war nicht mal eine Diskussion, das war eine Unterhaltung, mit unterschiedlichen Standpunkten. Und Vivian schiebt sofort Panik, dass sie und Seth ja jetzt Schluss machen. Und wenn ich noch einmal hätte lesen müssen, dass sie zum Schlafen ihr Runaways-T-Shirt anzieht, dann wäre ich ausgerastet. Woooow, du hast ein Bandshirt, herzlichen Glückwunsch!
Dann war da noch dieser Blödsinn mit der besten Freundin. Protagonistin Vivian kennt ihre beste Freundin Claudia seit den Kindertagen. Sie lernt allerdings im Laufe der Geschichte Lucy kennen; mit der sie sich gut versteht, die haben Gemeinsamkeiten und yada yada yada. Das ist nichts Schlimmes, das ist auch relativ normal, dass man mehr als eine Freundin im Leben hat. Dennoch macht Vivian sich dauernd Sorgen, was Claudia davon denken könnte, dass sie sich ja so gut mit Lucy. Wenn du Schiss hast, dass deine beste Freundin sauer ist, weil du noch andere Freunde hast, dann ist das nicht die angepriesene Bilderbuchfreundschaft, sondern manipulatives Verhalten was im Übrigen ein Hauptmerkmal von toxischen Beziehungen ist.
Und das waren nur die Probleme, die ich mit der Protagonistin habe! Hinzu kommt dann noch, dass die ganze Geschichte in einem so rückständigem Hinterwäldlerkaff lebt, dass ich darauf gewartet habe, dass das Jahr der Ereignisse auf 1950 datiert wird. Viele der Bemerkungen und Handlungen der (vor allem) männlichen Charaktere sind sexistisch, da muss man nicht drüber diskutieren. Allerdings, wäre auch über die Hälfte davon erledigt, wenn eine von den Damen mal ihren Mund aufmachen würde. Selbstverständlich, würde das keine Wunderheilung nach sich ziehen, aber es würde die Kommunikation mal in den Fokus rücken. Und wo sind eigentlich die männlichen Verbündeten? Es wird sogar im Buch gesagt, dass es auf dieser Schule durchaus auch männliche Anwesende gibt, die nicht so einen hirnlosen Blödsinn vor sich hinsabbern. Wieso werden die ausgeschlossen? Wieso wird gar nicht versucht die ins Boot zu holen?
Ich möchte hier keine Debatte zum Thema Sexismus und wie man damit umgehen sollte lostreten, aber die Art und Weise wie Vivian das handhabt? Die Idee mit Moxie mag ja an sich ganz nett sein, aber was soll sie bringen? Gut, der Schulstreik am Ende ist durchaus eine Aktion, die auch Konsequenzen mit sich bringt und die Sache mit den Bademänteln war eine nette Idee. Aber abgesehen davon? Das Rumgekritzel auf der Hand? Was sollte das bringen? Was bringt es ein Problem zu erkennen, etwas dagegen machen zu wollen, aber nichts dagegen zu machen? Die Menschen in deiner Umgebung realisieren nicht, wie sie sich aufführen, wenn man sich die Hände bemalt und die nicht mal wissen, was das für einen Zweck haben soll! So funktioniert keine Kommunikation und eine erfolgreiche schonmal gar nicht.
„Moxie“ definiert das Wort Feminismus übrigens mitten in der Geschichte falsch, ne? Des Weiteren orientiert Vivian sich an einer feministischen Bewegung namens Riot Grrls. Mal ganz davon abgesehen, dass einige historische Fakten schlichtweg falsch waren, die genannt wurden, ist diese Idealisierung dieser Bewegung (die nicht so fehlerfrei war, wie sie dargestellt wird) nichts weiter als der „rebellische“ Traum eines Teenagers gewesen, der es nicht mal schafft ihrem Lehrer Kontra zu geben.
Zum Ende hin wollte die Autorin dann noch einen drauf setzen: eine der Schülerinnen erhebt schwere Vorwürfe gegenüber dem Alpha Affen dieser ganzen Hinterwäldlerschule. Sie bezichtigt ihn der versuchten Vergewaltigung. Eine krasse Anschuldigung, wie auch Seth sagt. Er sagt nicht, dass er ihr nicht glaubt. Er sagt nicht, dass sie sich nicht so haben soll. Er sagt, dass das eine krasse Anschuldigung ist; was Vivian gleich so auffasst, als hätte er die Schülerin einer Lüge bezichtigt. Kommunikation haut also auch nach 300 Seiten noch nicht hin.
Diese ganze Storyline wird von der Autorin äußerst stiefmütterlich behandelt und gipfelt in einem Schulstreik. Die Mädels (warum eigentlich nur die Mädels? Man muss keinen BH tragen, um ein Verständnis von Zustimmung zu haben) werden dazu aufgerufen während des Unterrichts die Schule zu verlassen, um der Schule zu zeigen, dass sie sich nicht gefallen lassen werden, dass das unter den Teppich gekehrt wird. Das war dann auch so ein … Disneyende. Es wird schon was unternommen, damit alle ihre Lektion lernen. Aber es bleibt irgendwie ohne echte Konsequenzen oder ohne richtige Unternehmungen. Das ganze Buch liest sich wie ein Disneyfilm. Und das ist nicht im positiven Sinne gemeint.
Zum Ende hin war ich einfach nur genervt. Ich kann ein Buch über ein bestimmtes Thema nicht ernst nehmen, wenn es das Thema nicht richtig adressiert. Und damit meine ich nicht das Thema Sexismus, sondern Feminismus. Es wird nicht als Lebenseinstellung, als Verständnis einer Situation dargestellt, sondern als Schul-Club. Und das hat in meinen Augen überhaupt nicht funktioniert.
Ich würde zum Ende gerne noch etwas Positives sagen und hier hatte ich vor zu sagen, dass der Schreibstil der Autorin eigentlich ganz nett war. Dass das Buch schnell und leicht zu lesen war, dass einige Formulierungen wirklich gelungen waren … bis das Wort „flüsterig“ kam. Aber das schiebe ich jetzt mal der deutschen Übersetzung in die Schuhe …
Fazit
„Moxie“ hat mir nicht gefallen. Die Protagonistin ist hochgradig anstrengend, mit anstrengenden Freunden und unzähligen Monologen über ihren Freund. Das Wort Feminismus wird in einem Buch über Feminismus falsch definiert. Männliche Verbündete sind nicht erwünscht und Kommunikation ist genauso wenig vorhanden wie Fortschrittlichkeit.
2/5 Sternen
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